Meine Reise mit meiner Wut

Veröffentlicht am 13. März 2025 um 06:31

Wut ist eine kraftvolle Emotion. Sie kann uns antreiben, aber auch zerstören. Doch wie gehen wir richtig mit ihr um? Diese Frage habe ich mir oft gestellt, sei es im Umgang mit Autohändlern, im Straßenverkehr oder sogar mit meinen eigenen Pferden.

Ein persönliches Erlebnis als Ausgangspunkt

Vor vielen Jahren kaufte ich einen Renault bei einem Gebrauchtwagenhändler. Kurz darauf ging dieser in Insolvenz, sodass ich mich bei Problemen an einen offiziellen Renault-Händler wenden musste. Doch anstatt Hilfe zu bekommen, wurde ich immer wieder darauf hingewiesen, dass ich das Auto nicht bei ihm gekauft hatte. Irgendwann wurde mir das zu viel. In meiner Wut sprach ich den Händler direkt darauf an.

Hinterher fragte ich mich: Warum musste ich erst wütend werden, um mein Anliegen klarzumachen? Doch das war nicht die richtige Frage. Die eigentliche Frage hätte lauten sollen: Wie kann ich meine Bedürfnisse klar kommunizieren, ohne wütend zu werden?

Die destruktive Kraft der Wut

Wut fühlt sich im ersten Moment oft gut an, denn sie verleiht uns Energie. Doch sie erzeugt auch Gegenwehr. Sei es bei Menschen oder Tieren: Druck erzeugt Gegendruck, Angst oder Abwehr. In manchen Situationen bekomme ich kurzfristig, was ich will, doch langfristig leidet die Beziehung darunter vor allem dann, wenn das Ausmaß der Emotionen in keinem Verhältnis zu der tatsächlichen Situation steht. Dann geht es darum, in andere Lebensbereiche oder in die Kindheit zu schauen, ob und wo Wut unterdrückt werden musste. 

Gerade im Umgang mit meinen Pferden habe ich dies immer wieder bemerkt. Sie sind älter, haben gesundheitliche Probleme, und manchmal reagieren sie nicht so, wie ich es mir wünsche. In solchen Momenten wurde ich früher wütend. Doch anstatt meine Energie in Zorn zu verwandeln, habe ich gelernt, sie konstruktiv zu nutzen, indem ich  ihnen geholfen habe, das zu tun, was ich verlangt hatte. 

Wut verstehen und nutzen

Früher dachte ich, Wut sei etwas Schlechtes, das ich unterdrücken müsse. Doch das führte nur zu passiver Aggressivität. Erst durch intensive Auseinandersetzung mit mir selbst und den Lehren von Experten wie Dr. Gabor Maté verstand ich, dass Wut ein Zeichen ist. Sie zeigt an, dass eine Grenze überschritten wurde.

In der chinesischen Medizin wird Wut als aufsteigende Leber-Energie beschrieben. Besonders betroffen sind sogenannte Mitte-Typen, die normalerweise harmonieliebend sind. Wenn sie aber übermäßig viel leisten müssen und stark gefordert sind, neigen sie besonders zu plötzlichen Wutausbrüchen. Dies erklärt auch, warum viele Menschen im Straßenverkehr so schnell gereizt reagieren.

Der richtige Umgang mit Wut

Anstatt Wut zu unterdrücken oder unkontrolliert auszuleben, gibt es gesunde Wege, sie zu kanalisieren:

  1. Bewusst wahrnehmen: Erkenne, wann und warum du wütend wirst.
  2. Fragen umformulieren: Statt "Warum werde ich immer so wütend?" frage "Wie kann ich meine Bedürfnisse ruhig und klar ausdrücken?"
  3. Visualisieren: Stelle dir vor, wie du dein Ziel ohne Wut erreichst.
  4. Vorbild sein: Sei selbst ein Beispiel für ruhiges und bestimmtes Verhalten.
  5. Bewegung und Ausdruck: Sport, Schreiben oder kreative Tätigkeiten helfen, angestaute Emotionen zu verarbeiten.

Fazit

Wut ist nicht schlecht. Sie zeigt uns, dass etwas nicht stimmt. Der Schlüssel liegt darin, sie bewusst wahrzunehmen und konstruktiv zu nutzen, statt sich von ihr steuern zu lassen. Wer lernt, seine Emotionen zu lenken, gewinnt nicht nur an innerem Frieden, sondern auch an echter Führungsstärke – ob im Alltag, im Beruf oder im Umgang mit Tieren.

Ein Buch, das mir besonders geholfen hat, ist The Language of Emotions von Karla McLaren. Es zeigt auf, wie Emotionen sinnvoll genutzt werden können. Leider gibt es das Buch bisher nicht auf Deutsch, aber es lohnt sich definitiv, einen Blick darauf zu werfen.

Wohin also mit deiner Wut? Nutze sie als Hinweis, als Energiequelle – aber lasse sie nicht die Kontrolle übernehmen.

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